FHD
Familienverbund
Herz-Jesu Dielfen
Wenn Kinder im Restaurant stören - Viele verzichten auf Nachwuchs
Deutschland ein kinderfeindliches Land?
Deutsche bemängeln kinderfeindliches Klima
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Müssen Kinder draußen bleiben?
Unter den befragten Müttern und Vätern gab rund jeder zweite an, Kinder würden
in Geschäften oder Restaurants als störend empfunden; 37 Prozent äußerten,
es sei schwieriger, mit Kind eine Mietwohnung zu finden als ohne Nachwuchs.
"Deutschland muss so kinderfeindlich sein, dass dies sogar den Kinderlosen
auffällt", kommentierte Chefredakteurin, Marie-Luise Lewicki, die
Ergebnisse.
Angst vor Jobverlust
Ein weiterer Grund, keine Kinder zu bekommen, ist für 44 Prozent der Befragten
ein fehlender Partner. Angst ihren Arbeitsplatz zu verlieren haben 39 Prozent.
34 Prozent der jungen Frauen und Männer wollen zudem ihre persönliche Unabhängigkeit
nicht verlieren. Fast ein Drittel der Befragten fürchtet zudem die höheren
Lebenskosten.
"Nicht sexy, Kinder zu haben"
Auch in manchen Unternehmen hätten es Eltern schwer. Viele Chefs reagierten mit
Unverständnis, wenn es um Überstunden gehe. Für 42 Prozent der Mütter sind
Kinder schlichtweg "Karrierehemmer". Vor allem Akademikerinnen fühlen
sich durch Kinder oft im Job benachteiligt. "Es ist in Deutschland nicht
sexy, Kinder zu haben", sagt Lewicki.
Mutter mit knapp 30
Eine wichtige Ursache für die geringe Geburtenrate sei auch das steigende
Durchschnittsalter der Mütter, sagte Lewicki. Wurden Frauen 1991 noch mit 27,1
Jahren Mutter, lag das Durchschnittsalter laut Statistischem Bundesamt im Jahr
2002 bereits bei 29,3 Jahren. Laut Studie finden sich über die Hälfte der
Eltern zu alt, um weitere Kinder zu bekommen.
Jede Generation ist ein Drittel kleiner
Die Folge: Die durchschnittliche Kinderzahl sinkt seit Jahren dramatisch.
"Heute liegt sie auf einem Niveau, bei dem jede neue Generation rund ein
Drittel kleiner ist als die letzte. Das ist besonders deutlich seit 1965",
sagt der Volkswirt Martin Werding vom Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in
München. In der Tat werden in Deutschland so wenig Kinder geboren, wie kaum
woanders auf der Welt. 82 Millionen Menschen leben derzeit in der
Bundesrepublik, nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes werden es in 50
Jahren nur noch 65 bis 70 sein - Einwanderer eingerechnet.
"Image der Familie aufpolieren"
"Die Gesellschaft muss das Image der Familien aufpolieren und das Klima für
Kinder verbessern", fordert Lewicki. Obwohl sich die Zahl der Geburten in
Deutschland in den vergangenen 40 Jahren fast halbiert habe, sei die Institution
Familie dennoch für viele Eltern von großer Bedeutung. Das belege die "Eltern"-Familienanalyse
2005: danach steht die Familie für 89 Prozent der Eltern von Kindern unter 14
Jahren an erster Stelle, nur für sechs Prozent ist es der Beruf.
"Familien entlasten"
Korrekturen im Steuerrecht und ein Umbau des Rentensystems wären nach Einschätzung
von Experten erforderlich, um Familien zu entlasten, sagte Lewicki. Ein Ansatz
sei die volle steuerliche Anerkennung der Kinderbetreuungskosten als
Werbungskosten. Ein weiterer Vorschlag sei das Familiensplitting nach französischem
Vorbild: Dort werde das zu versteuernde Einkommen rechnerisch gleichmäßig auf
alle Familienmitglieder - und nicht wie in Deutschland üblich nur auf die
Ehegatten - verteilt.
Familienministerium relativiert
Das Bundesfamilienministerium versuchte die Umfrageresultate zu relativieren.
Der Begriff Kinderfeindlichkeit sei "zu harsch", sagte der
Abteilungsleiter Familie, Malte Ristau. Es gebe aber eine "Entwöhnung und
Distanz" von der Familie. Abhilfe sei nicht unbedingt mit mehr Geld aus der
öffentlichen Hand zu schaffen. Eine "besondere Verantwortung" komme
auch Unternehmen zu, die etwa für flexiblere Arbeitszeiten oder Betreuungsmöglichkeit
sorgen müssten, sagte Ristau.
Kinder in Zahlen
Lassen sich Kinder, Kindsein und Kindheit in Deutschland mit Zahlen fassen? Sicher nicht. Zahlen können aber geeignet sein, sich den Bedingungen für die Kleinsten und oft am wenigsten Geschützten in diesem Land zumindest anzunähern:
Geburtenrate
Deutschlands Platz auf der Liste der
weltweiten Geburtenrate liegt bei 180 von 191 erfassten Ländern. Um die Bevölkerung
stabil zu halten, müsste jede Frau in Deutschland im Schnitt 2,1 Kinder zur
Welt bringen. Tatsächlich sind es derzeit nur 1,35. Die Zuwanderung nicht berücksichtigt,
schrumpft Deutschland jährlich um eine Stadt wie Erfurt oder Lübeck. 2003
wurden 715.000 Kinder lebend geboren - so wenig wie noch nie seit 1949. 1964
waren es in Ost- und Westdeutschland doppelt so viele.
Fernsehen
Kinder zwischen drei und 13 Jahren hocken
täglich durchschnittlich 100 Minuten vor dem Fernseher. Sportliche Kinder ernähren
sich zwar gesünder und sind seltener dick, sehen aber keineswegs weniger fern.
Computer
18 Prozent der Jungen und 13 Prozent der Mädchen
zwischen sechs und 13 Jahren haben einen eigenen Computer. Jeweils rund ein
Drittel besitzt Fernseher und Stereoanlage. Die Internetkompetenz in dieser
Altersgruppe nahm in den vergangenen fünf Jahren um das Fünffache zu.
Handy
55 Prozent der Kinder zwischen drei und 13 Jahren haben ein Handy. 1998 waren es noch acht Prozent.
Übergewicht
Übergewicht
In Deutschland sind 15 Prozent der Kinder übergewichtig. Die Gründe sind vor allem Bewegungsmangel, Medienkonsum und falsche Ernährung. Der freie Bewegungsraum in Städten hat rapide abgenommen.
Armut
Armut
Nach Maßstäben der EU gelten drei Millionen Kinder in Deutschland als arm. Die Zahl der Kinder, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, liegt bei 1,1 Millionen.
Geld
Sechs- bis 13-jährige Kinder haben im
Durchschnitt jährlich 1000 Euro zur Verfügung - das sind 20 Prozent mehr als
noch 2002. 60 Prozent der Ausgaben gehen dabei für Süßigkeiten drauf. Für
Comics und Eis geben Kinder 36 Prozent ihres Geldes aus, den selben Prozentsatz
verschlingt das Handy. Das Taschengeld liegt im Durchschnitt bei 20 Euro im
Monat.
Drogen
In einem unmittelbaren Suchtumfeld leben zwei Millionen Kinder. Darunter sind schätzungsweise 40.000 Kinder, deren Eltern von harten Drogen abhängig sind.
Rauchen
Sieben Prozent der zwölf- bis 13-Jährigen rauchen. Im Alter von 14 und 15 Jahren sind dies schon 28 Prozent. Das durchschnittliche Einstiegsalter liegt bei 13,7 Jahren.
Fremdsprachen
Fremdsprachen
Laut "Pisa"-Studie sind Kinder vom 7. Lebensmonat bis zum 7. Lebensjahr am sensibelsten für das Lernen einer Fremdsprache - in abgeschwächter Form bis zum 10. Lebensjahr. Dagegen erhielten 2001 600.000 Schüler Nachhilfeunterricht, fast doppelt so viele wie im Jahr 1995. Unter den am stärksten nachgefragten Fächern war dabei Englisch.
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"Unheimliches Stigma"
Natürlich heißt Kiara anders. Den richtigen Namen des Mädchens würde Sabine
Walther, die Geschäftsführerin des Deutschen Kinderschutzbundes in Berlin,
niemals verraten. Zu groß ist die Scham der Kinder. "Arme Kinder wollen
nicht als arm bewertet werden", sagt sie. Armut sei ein "unheimliches
Stigma". Weit verbreitet ist sie dennoch. Fast ein Viertel der 570.000
Berliner Kinder unter 18 Jahren gilt als arm. Bei den unter Dreijährigen sind
es sogar 31,8 Prozent. Bundesweit sind bereits rund drei Millionen der 14,9
Millionen Kinder arm, etwa eine Millionen sind auf Sozialhilfe angewiesen.
"Hartz IV": Kinder besonders betroffen
Und es werden mehr. Seit Monaten warnen Paritätischer Wohlfahrtsverband und
Kinderschutzbund vor den Folgen der Fusion von Arbeitslosen- und Sozialhilfe.
Allein das Arbeitslosengeld II lässt laut Kinderschutzbund-Präsident Heinz
Hilgers Anfang 2005 eine halbe Million Kinder in die Sozialhilfe abrutschen,
weil deren arbeitslose Eltern dann mit bis zu einem Drittel weniger Geld
auskommen müssten.
Mehr Park- als Kindergartenplätze
Bundespräsident Horst Köhler gab sich bei seiner Antrittsrede unmissverständlich:
"Wir müssen zu einem Land werden, in dem wir nicht zulassen, dass Kinder
verwahrlosen." Johannes Rau betonte schon vor Jahren und mehrfach, es sei
ein Skandal, "dass Kinder in Deutschland das größte Armutsrisiko
sind". Gleichwohl hat sich bisher nicht viel geändert. Das Kinderhilfswerk
Unicef konstatierte bereits resignierend, in den meisten deutschen Städten gebe
es mehr Autos und Parkplätze als Kinder und Hortplätze.
Wer als arm gilt
Doch was bedeutet arm? Die Definition ist klar: Arm ist, wer weniger als die Hälfte
des so genannten durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens zur Verfügung hat. In
Berlin waren dies 2002 exakt 608 Euro pro Monat. Der Regelsatz der Sozialhilfe
liegt in der Hauptstadt seit Anfang des Monats bei 297 Euro im Monat, Kinder
erhalten je nach Alter zwischen 149 und 267 Euro. Das Kindergeld wird mit
Ausnahme von 20 Euro verrechnet.
Hungrig in der Schule
"Aufgabe der Sozialhilfe ist es, dem Empfänger der Hilfe die Führung
eines Lebens zu ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht", heißt
es im Bundessozialhilfegesetz. Wie das in der Lebenswelt der Kinder aussieht?
Dass Schulausflüge und Besuche von Geburtstagsfeiern der Freunde mangels
Geschenk unmöglich sind, gehört noch zu den harmloseren Beispielen in Walthers
Aufzählung. Es komme auch vor, dass Kinder im November mit Plastiklatschen auf
die Straße geschickt würden oder hungrig in die Schule kämen.
Bis zur Selbstaufgabe
Walther macht den Eltern keine Vorwürfe. Die meisten versuchten bis zur
Selbstaufgabe, ihren Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen. Dennoch sieht sie
die Gefahr, dass es genau dadurch noch schlimmer werden kann. So manche durch
Arbeitslosigkeit, Scheidung oder Überschuldung ohnehin schon gestresste Eltern
verzweifelten ob der Aussichtslosigkeit darüber so sehr, dass sie irgendwann
die Kontrolle verlören. "Es kann dann passieren, dass Kinder nicht nur arm
sind, sondern auch misshandelt werden." Sowohl physisch als auch psychisch.
Ein Drittel ohne Schulabschluss
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind aus armen Verhältnissen den
Realschulabschluss schafft, ist laut Kinderschutzbund um 19 Prozent geringer als
bei Kindern aus besseren Verhältnissen. Beim Abitur liegen die Chancen sogar 52
Prozent niedriger. Rund ein Drittel der armen Jugendlichen hat überhaupt keinen
Abschluss.
Teufelskreis Armut
Die Folgen seien prekär. Kein Abschluss heißt keine Arbeit und keine Arbeit
bedeutet weiterhin Armut. Ohne grundlegende Änderungen beim Kindergeld, dem
Zugang zu Hort- und Kindergartenplätzen und der Schulausbildung sieht Walther
deshalb schwarz: "Die Perspektiven sind bedrohlich", sagt sie.
Arm durch Hartz IV?
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Der Deutsche Kinderschutzbund hat vor einer deutlichen Zunahme der Kinderarmut gewarnt. Ursache sei die Arbeitsmarktreform Hartz IV, sagte Verbandspräsident Heinz Hilgers. Die Regierung hingegen versichert, mit der Reform könne die Kinderarmut sogar noch besser bekämpft werden. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden immer mehr Kinder und Jugendliche zu Sozialhilfeempfängern.
"Alle Bemühungen zunichte gemacht"
Er rechne mit bis zu 350.000 zusätzlichen Kindern in der Sozialhilfe, sagte
Hilgers am Dienstag im Deutschland-Radio. Mit der Reform würden alle Bemühungen,
Kinderarmut zu bekämpfen, zunichte gemacht. Sie sei eine "Kastastrophe für
Kinder". Positiv bewertete Hilgers den geplanten Kinderzuschlag von
Familienministerin Renate Schmidt: Dieser sei immerhin für rund 150.000 Kinder
ein Ausweg. Auf Dauer könne aber auch der die Entwicklung nicht aufhalten.
Hilgers räumt allerdings ein, dass sich die Lage für die eine Million Kinder,
die bisher von Sozialhilfe lebten, mit der Hartz-Reform verbessere. "Sie
bleiben aber arm."
Immer mehr Kinder betroffen
Dabei steigt die Zahl der minderjährigen Sozialhilfeempfänger auch ohne die
Hartz-Reform schon an: Wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte, sei
die Zahl der unter 18-Jährigen, die auf die staatliche Unterstützung
angewiesen waren, im Jahr 2003 auf 1,08 Millionen gestiegen. Dies entspreche
einem Anstieg von 6,2 Prozent gegenüber 2002 und einer Quote von 7,2 Prozent.
Kinderzuschlag ab 2005
Die Regierung hingegen kontert: Hilgers' Vorwürfe seien "falsch und führen zu einer unverantwortlichen Verunsicherung der Betroffenen". Die Zahlen verdeutlichten die Bedeutung des Kinderzuschlags, erklärte Ministerin Schmidt. Der Zuschlag von bis zu 140 Euro monatlich - er tritt mit der Hartz-Reform in Kraft - soll ab 2005 an gering verdienende Eltern gezahlt werden, die mit ihrem Einkommen zwar ihren eigenen Unterhalt, nicht aber den ihrer Kinder bestreiten können. Ohne den Zuschlag wären die Familien auf das Arbeitslosengeld II angewiesen. Mit dem Zuschlag müssten sie das "ALG II" hingegen nicht in Anspruch nehmen, erklärte Schmidt. Betroffen von der Regelung seien rund 150.000 Familien.
Bedarf des Kindes gedeckt
Zusammen mit dem Kindergeld von bis zu 154 Euro und möglicherweise Wohngeld könne
der durchschnittliche monatliche Bedarf eines Kindes gedeckt werden, rechnete
die Ministerin vor. Eigenes Einkommen, Vermögen des Kindes und
Unterhaltsleistungen würden allerdings gegengerechnet. Der Zuschlag, der ab
2005 bezahlt wird, muss bei der Familienkasse schriftlich beantragt werden und
wird für maximal 36 Monate bezahlt.
Pauschale Zuschüsse im ALG II
Wer 2005 allerdings schon ins Arbeitslosengeld II rutscht, für den sieht die
Hartz-Reform pauschale Zuschüsse für Kinder vor: Sie betragen bei Kindern bis
14 Jahren im Westen 207 Euro und in den neuen Ländern 199 Euro. Bei Kindern
zwischen 15 und 18 Jahren sind es 276 und 265 Euro. Der Zuschuss muss - abhängig
vom Einzelfall - nach drei bis neun Monaten neu beantragt werden. Für die Vermögensanrechnung
gelten Freibeträge: Jugendliche unter 15 Jahren dürfen 750 Euro auf der hohen
Kante haben, über 15-Jährige 4850 Euro.
Keine neue Regelung
Die Regelung ist im Grunde nicht neu: Auch nach der geltenden Sozialgesetzgebung
können Kindersparbücher bei der Prüfung der Bedürftigkeit herangezogen
werden. Da die Sparguthaben von Kindern im Durchschnitt deutlich unter den
Freigrenzen liegen, dürften auch in Zukunft die wenigsten Kinder von
Langzeitarbeitslosen betroffen sein, schätzt die Bundesagentur für Arbeit.
Entsprechend warnt Wirtschaftsminister Wolfgang Clement seit Wochen vor einer
Hartz-Hysterie: "Die Schreckensgemälde über den Zugriff auf Kindersparbücher
sind ebenso falsch wie die vom angeblichen Umzug in Plattenbauten."